Montag, 19. April 2010

Schnipp, schnapp, Abdalla kriegt alles klein!!!


Wenn man in Casablanca eine Villa hat, dann hat man auch einen Wächter. Im besten Fall heißt der Wächter Abdalla und arbeitet für uns. Unser Abdalla ist ein Herz und eine Seele, ein Mensch mit großen Werten und zutiefst vertrauenswürdig. Wir vertrauen ihm schon unsere Kinder an und was wäre kostbarer als das??!!
Seine Hauptaufgabe ist es, auf das Haus aufzupassen. Das ist aber leicht, da unser Haus so groß ist, dass es niemand mitnehmen kann. Wenn wir eine Veranstaltung haben, verwandelt sich Abdalla unaufgefordert und mit viel Elan zu einem Barmann - seine Lieblingsbeschäftigung!! Er zählt die Flaschen mit, weiß von jedem, was er getrunken hat (auch und vor allem von den Moslems unter unseren Gästen!!) und hat unseren Weinkeller im Auge.
Wir haben aber nicht alle Tage eine Party, also muss er sich auch ab und zu im Garten nützlich machen. Da "streite" ich mich dann mit ihm, wer was machen darf und was nicht und was getan werden muss. Abdalla hat nämlich eine Vorliebe für Unkraut. Er hat es so lieb, dass er es nicht vernichten will. Wenn Manni (er ist ein leidenschaftlicher Minuten-Unkrautzupfer) seine Unkraut-Minuten hat und im Garten wild nach kleinen, nicht dazupassenden Pflänzchen sucht, meint Abdalla nur: "Messieur, warum reißt du die aus, die sterben irgendwann ja sowieso von selbst!"
Stimmt.
Kürzlich war ich am Unkrautjäten und Umpflanzen und Samensetzen, da streifte Abdalla auch die Gartenwut und zog sich seine Gummischuhe an. Ich vernahm gerade noch das erste "Schnipp-Schnapp" und rannte, nicht um mein Leben, sondern um das Leben einer Pflanze, die gerade in perfekter Blüte stand, zu retten. Endlich hat unser Busch nach dem nassen langen Winter fette, große, glänzende Blätter bekommen. Endlich grün und satt. Zu satt für Abdalla, denn die Vorderfront der Hecke war schon abgemetzelt und übrig blieben ein paar grau-braune kleine Stämmchen. Aber die waren gerade!!
Ich versuche immer, so diplomatisch wie nur möglich zu sein und meinte zu Abdalla, ob er nicht auch fände, dass gerade jetzt die Büsche so schön aussähen und es doch schade wäre, diese Pracht an Grün so wild abzumetzeln. Ich wies auf einen anderen Busch hin, den er vor einigen Wochen geköpft hatte, der eigentlich gerade die hässliche Brunnenpumpe verdeckt hatte und nun so mager ist, dass die Pumpe doppelt so groß in den Vordergrund sticht. Ich meinte, dass auch dieser Busch sich nicht so schnell erholt hätte und das doch sehr schade sei. Man stelle sich vor, was Abdalla antwortete (da sieht man wieder was für ein strenger Chef ich bin): "Blöd, Madamme, ich hätte die Büsche gestern schon abschneiden sollen, wo du nicht da warst, dann hättest du nichts mehr sagen können, wenn du vor vollendeten Tatsachen gestanden wärst..."
...
Ich entschuldigte mich bei ihm für meinen Vorschlag und wanderte zum Komposthaufen, wo Abdalla wieder eine Gartenlampe, die genau daneben angebracht ist, mit Hasenmist vollgeschmissen hat. Ich grub das Ding aus, wusch noch ein paar Feuchte Meerschweinchenkackas vom Glas weg und steckte noch eine weitere Bambusstange zur Abgrenzung Richtung Lampe in die Erde.

Heute zeigte mir Abdalla seine Kratzer an den Händen. Er hat an den Bougainvillen gearbeitet - ahhhhhh. Mein Blick schweifte unheilverhoffend an der Hecke der Bougainvillen entlang um das Desaster zu finden. Auch hier wies ich wieder auf das Gemetzel hin. Alles was abgeschnitten wurde, braucht nun ewig um zur Blüte zu gelangen und alles was hässlich und alt und lang für Abdalla war, ich aber im Herbst vor seinem Schnipp-Schnapp retten konnte, blüht jetzt nun schon. Wieder meinte ich, dass auch meine schöne Jasmin dem Bougainvillengemetzel zum Opfer gefallen wäre. Mühevoll umwickelte ich mit der Jasmin die Schaukeln der Kinder, was dann wirklich romantisch aussah. Ich band die Ranken fest und sah jeden Tag voller Freuden zu, wie sie Centimeter um Centimeter länger wurden. Als ich nach den Weihnachtsferien wieder nach Casa kam, gab es keine Jasmin mehr - nur noch einen Stumpen, von dem sich nun zögerlich wieder kleine Ranken bilden und sich immer zurückziehen, wenn sie Abdalla kommen sehen.

Als ich heute zum Komposthaufen ging, traute ich meinen Augen nicht: die Gartenlampe war wieder verschwunden. Wieder unter einem Haufen Hasenmist. Das ist unser Abdalla, ein liebevoller Babysitter, ein wunderbarer Barmann, ein Traum von einem Menschen, aber im Garten ist er mir machmal der Dorn in meinem Auge, von dem Ast, den er abgeschnitten hat.
Jacobs Kaktus mit seinen drei neuen "Babys"

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