Wie Menschen hier in Casablanca wohnen, geht von einem Extrem ins andere. Die meisten Menschen leben wohl in den Centres Poplulaires (gesichtslose Hochhäuser mit kleinen Wohungen und schattigen Straßenschluchten). Sehr viele auch in den Bidon Villes (Kanister Städte). Das sind die wahren Armenviertel der Stadt. Buden aus Wellblech, alten Kartons und Plastikfolien. Hier tummelt sich das Leben, da für jeden nicht viel Platz bleibt. Die Straßen sind lehmig, bei Regen kaum passierbar. Autos kommen meist gar nicht rein, was auch nicht nötig ist, da sich in diesen Vierteln kaum jemand ein Auto leisten kann. Für mich strahlen sie dennoch etwas Positives aus: Kinder spielen in den Gassen, kleine Läden beleben das Straßenleben und an den schiefen Wänden sind Frauen angelehnt, die die Geschichten des Tages austauschen. Jeder kennt jeden.
Nur etwa knapp über einen Prozent der Bevölkerung leben in den Villenvierteln. Es gibt Villenviertel, die tatsächlich schön sind, wie etwa Anfa, aber auch Viertel, wo ich mich bis heute noch frage, warum jemand hier hin baut, wenn er viel Geld hat - wie unser Viertel: Californie. Einst nur verwahrlostes Farmland am Stadtrand und überall abgelagerter Bauschutt und anderen Müll. Wohl einer der wenigen Plätze, wo ich sagen muss: je mehr gebaut wird, testo besser!! Mit jedem neuen Haus kommt eine Mülltablagerung weg und ein riesiges Gebäude nimmt dessen Platz ein (reiche Marokkaner bauen selten unter 900 m² Wohnnutzfläche!!!). Das bisschen Garten, was bei einer Grundfläche von - sagen wir mal - 1500 m² noch übrig bleibt, wird mit teuren Palmen aus Marakesch verziehrt und ein Pool - den selten jemand benützt - ist auch ein Muss.
Das erste, das allerdings gebaut wird, sind die Mauern um das Grundstück! Ganz wichtig! Die können nie hoch genug sein, denn reinschauen, will sich hier keiner lassen!! Unser neuer Nachbar ließ auch schon die Hälfte unserer Bougainvillen abschnappeln, denn auf unsere 2m hoche Mauer, will er noch einmal 1,5 m dazusetzen. Das sah der Nachbar daneben und fing gleich Tags darauf an, einen weiteren Zaun auf seine 3 m hohe Mauer aufzubauen, um eine Gesammthöhe von sicher 5 m zu erreichen. Das ist dann Mauer-Wettrüsten-auf hohem Niveau. Der zweite Nachbar kam sogar in unseren Garten und fragte, ob er von uns aus seinen Zaun aufbauen könnte... damit seine Pflanzen auf der anderen Seite nicht kaputt gehen - oder was??!! Meine Antwort war auf jeden Fall ein durch die Zähne gequetschtes "Nein".
Ja, ja, die Reichen hier haben was zu verstecken, das steht fest. Nach sechs Monaten in diesem Haus (wir haben ja nach 5,5 Jahren das Haus wechseln müssen) haben wir unsere direkten Nachbarn noch nicht mal gesehen, die gegenüber lassen konsequent die Rollläden unten und die neuen mauern sich ja ein. Ein Haus gegenüber von uns, mit geschätzten 1500 m² Wohnnutzfläche und 3000 m² Garten steht leer, ist aber immer tip top gepflegt. Erst kürzlich erfuhren wir, wofür diese Villa benützt wurde: in einer Mitternachtaktion brach die örtliche Polizei dort ein und konnte eine LKW (!!!!!!) Ladung voll Marihuana sicher stellen.
Hätten wir das nur vorher gewusst... just joking...